Die zahlreichen und vielfach langjährigen kirchlichen Partnerschaften zwischen Kirchen, Gemeinden und Organisationen in Deutschland und dem globalen Süden haben viel zu globaler Gerechtigkeit beigetragen. Viele von ihnen stammen noch aus einer Zeit, in der es vorrangig um kirchliche Entwicklungsarbeit ging. Zwischenzeitlich haben sich die Zeiten geändert, aber dennoch wird in den Partnerschaftskreisen oftmals bedauert, dass der Fokus der Partnerschaftsarbeit nach wie vor auf Geld und Projektunterstützung gelegt wird.
In vielen Kirchen des globalen Südens gibt es einen Generationswechsel in der Partnerschaftsarbeit. Die jungen Partnerschaftsengagierten treten heute selbstbewusster auf und wollen die kirchliche Partnerschaft nicht mehr auf die reine finanzielle Unterstützung verengt wissen.
Die Frage danach, wie kirchliche Partnerschaften tatsächlich auf Augenhöhe gestaltet werden können, beschäftigt heute deshalb viele Partnerschaftsengagierte, die aus den alten Geber-Nehmer-Strukturen ausbrechen und ihr Helfersyndrom überwinden wollen.
Mit der Veränderung der Machtverhältnisse in den und inhaltlichen Anforderungen an die Partnerschaften können auch Konflikte entstehen, die zunächst nicht immer zwischen den Partnerschaftsengagierten hüben wie drüben offen angesprochen werden.
In dieser Situation kann ein allparteilicher Vermittler helfen. Dies wäre ein Beispiel für ein transkulturelles Coaching der Partnerschaftsengagierten auf beiden Seiten des Kontinents.
Perspektivwechsel!
In welchen Situationen habt Ihr Euch nicht getraut, mit Euren Partnern aus dem Süden offen zu reden? Was war der Grund? Wie habt Ihr Euch dabei gefühlt? Was hättet Ihr für eine offene Kommunikation in dieser Situation gebraucht?
Mögliche Konfliktursachen in kirchlicher Partnerschaftsarbeit
Unterschiedliche Erwartungen an die Partnerschaftsengagierten können zu Konflikten führen. Hierbei kann es um unterschiedliche Erwartungen mit Blick auf die Kommunikation, Berichterstattung und dergleichen gehen. Vor allem die Unkenntnis von den jeweiligen Lebensbedingungen der Partnerschaftsengagierten kann zu falschen Erwartungen führen.
Ein Beispiel: Partnerschaftsengagierte im Süden verfügen in der Regel über viel weniger Freizeit als die Partnerschaftsengagierten in Deutschland – vor allem dann, wenn es sich auf deutscher Partnerschaftsseite mehrheitlich um Rentner mit viel Freizeit handelt. Die Partner im globalen Süden hingegen haben oftmals schwierige Lebens- und Arbeitsverhältnisse, d.h. sie haben lange Anfahrten oder längere Arbeitszeiten und damit weniger freie Zeit. Dies kann dazu führen, dass sich die Kommunikation oder Fertigstellung von vereinbarten Aufgaben schon mal verzögert. Denn nach dem späten Feierabend oder dem anstrengenden Tagespensum bleibt vielleicht nur wenig Zeit für die Partnerschaftsarbeit übrig und an den Wochenenden warten vielleicht auch noch Verpflichtungen innerhalb der Großfamilie.
Dieser Umstand kann wiederum auf deutscher Seite dann zu Verärgerung führen, wenn die hiesigen Partnerschaftsengagierten wenig Bewusstsein davon haben, welche Lebens- und Arbeitsbedingungen gerade auf dem anderen Kontinent herrschen. Hier ist der Perspektivwechsel auf deutscher Seite notwendig, um derartige Konflikte erst gar nicht entstehen zu lassen. Die Lebensbedingungen auf beiden Seiten sind nun mal sehr unterschiedlich. Auch deshalb sind regelmäßige gegenseitige Besuche wichtig, um die jeweiligen aktuellen lokalen Lebensumstände wahrzunehmen und verständnisvoll nachzuvollziehen.
Schreibt mir eine E-Mail, wenn Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt.
Es grüßt Euch herzlich
Martina Pauly