Iced Cappuccino am Fuße des Vulkans

Meine heutige Nähkästchen-Geschichte bringe ich aus Indonesien mit. Abseits meiner geplanten Reise komme ich im Zuge meines Besuchs einer kleinen engagierten Kirche auch bei dem Alpha-Omega-Projekt am Rande der Kleinstadt Kabanjahe vorbei.
Meine heutige Nähkästchen-Geschichte bringe ich aus Indonesien

Meine heutige Nähkästchen-Geschichte bringe ich aus Indonesien mit. Ich komme gerade von einer Dienstreise aus Nordsumatra zurück. Der Jetlag von 6 Stunden hängt mir zwar noch in den Knochen, aber so langsam komme ich wieder hier in Deutschland an.

Der Zweck meiner Reise war die journalistische Begleitung einer Spendenveranstaltung der Karo-Batak-Kirche im indonesischen Nordsumatra.

Abseits meiner geplanten Reise komme ich im Zuge meines Besuchs dieser kleinen engagierten evangelisch-reformierten Kirche auch bei dem Alpha-Omega-Projekt am Rande der Kleinstadt Kabanjahe vorbei. Dabei handelt es sich um eine Einrichtung für Menschen mit zumeist angeborenen neurologischen Störungen. Viele von ihnen haben Trisomie 23 oder Epilepsie. Die Patientinnen und Patienten sind mehrheitlich Kinder, aber auch einige Erwachsene leben in dem kleinen Dorf. In der indonesischen Gesellschaft werden Menschen mit Behinderung oftmals noch von ihren Familien versteckt, weil die Behinderung als Strafe Gottes verstanden wird. Dementsprechend sind Einrichtungen, die sich vor allem mit Kindern mit neurologischen Auffälligkeiten beschäftigen, rar im Land.

2016 habe ich dieses Projekt zuletzt besucht. Ich erinnere mich noch an die kleinen weißen Architektenmodelle im dunklen Eingangsbereich der alten, beengten Einrichtung mitten in Kabanjahe. Der damalige Leiter erzählte mir von dem großen Plan, eine große und schöne Einrichtung zu bauen, mit ausreichendem Platz für die rund 50 Patientinnen und Patienten, die damals noch mitten in der Kleinstadt untergebracht waren. Pläne, die für mich damals noch abstrakt und unvorstellbar klangen.

Das neue Alpha-Omega-Projekt

Heute darf ich das neue Gelände dann tatsächlich besuchen. Mit dem Kleinbus fahren wir über schlecht ausgebaute Straßen ins ländliche Umfeld der Stadt. Eine kleine Stichstraße zweigt in einen sehr schmalen Zugangsweg ab, der kaum Gegenverkehr zulässt. Ich schaue aus dem Fenster und meine Nachbarin, die aus Westpapua stammt, gibt mir Nachhilfe in Landwirtschaft. „Da drüben wachsen Auberginen, da hinten steht Mais und da sind Möhren, Kartoffeln und jede Menge Kaffeesträucher…  Die Vulkanasche sorgt für nährstoffreichen Untergrund. Nach rund 20 Minuten endet die Stichstraße auf einem Fußballfeld großen Rasengelände, auf dem rund 10 kleinere Einfamilienhaus große rosafarbene Gebäude im Kreis angeordnet stehen. Die einheitlich in Orange gekleideten Patientinnen und Patienten warten schon ungeduldig auf den Besuch. Die Sonne steht unweit des rauchenden Sinabung-Vulkans und wirft schon lange Schatten.

Die vielen jungen und älteren Patientinnen und Patienten sitzen geduldig auf Bambusmatten, die auf dem Boden in einem der Häuser ausgelegt sind und warten, bis sie die vereinbarten Zeichen erhalten: Begrüßung – Singen – Text aufsagen – und wieder Singen – endlich das obligatorische Gruppenfoto vor dem Haus. Einige von ihnen sind mutig und kommen direkt auf die Besucher zu, schüchterne Kontaktversuche, Hände schütteln, das ein oder andere Foto mit den indonesischen Besuchern und Umarmungen mit einer etwas fremd aussehende Frau….

Wie damals bin ich verzückt von den Menschen und der Einrichtung. Das neue, viel großzügigere Gelände beherbergt auch eine Stallung mit rund 20 jungen Kühen. Nebenan wird natürlicher Dünger aus Kuhmist hergestellt. Unweit davon stehen die Bungalows der Angestellten, die sich um die Menschen, Tiere und Plantagen kümmern. In einem Hof steht eine Gänsefamilie, die uns neugierig anschaut. Sechs Hundewelpen spielen miteinander. Sie sind schon recht groß, eher im Teenageralter. Einer von ihnen ist besonders mutig und kommt bellend auf mich zugelaufen. Ich gehe zu den Kaffeepflanzen und fotografiere begeistert die vielen grünen und roten Kaffeebohnen an den Sträuchern. Seit Jahrzehnten trinke ich täglich Kaffee, aber jetzt erst sehe ich die ursprüngliche Pflanze dieses Getränks und bin überrascht wie ein Kind, das erstmals seine Umwelt begreift. Die Hundebande folgt mir raufend auf die Plantage und ich fotografiere die bunten Kaffeebeeren in der Abendsonne. 

Kaffeegenuss in Kabanjahe

In der nahe gelegenen Kleinstadt Kabanjahe wird der selbst angebaute Kaffee in dem kleinen zentral gelegenen AO-Café mit großem Erfolg verkauft. Das Café befindet sich dabei auf dem Kirchengelände, auf dem sich das ursprüngliche Alpha-Omega-Projekt so viele Jahre in der viel zu kleinen Einrichtung quälte. Die Kirche sorgt auch für die Kaffeeröstung und bietet viele verschiedene Spielarten des Kaffeegenusses an. Mein Favorit ist Iced Cappuccino, ein kühler starker Kaffee mit ausgeprägtem Aroma – das ideale Getränk in der tropischen Hitze. Alles gibt es auch zum Mitnehmen, was viele Kunden ins Café lockt. In Indonesien sind Kaffeebars übrigens gerade sehr angesagt. Und der Geschäftsführer des AO-Cafés erzählt mir voller Stolz, dass er einige tausend Euro Gewinn jeden Monat an das Alpha-Omega-Projekt überweisen kann.

Was für eine beeindruckende wirtschaftliche Erfolgsstory, die überragend schmeckt und noch dazu Gutes bewirkt!

Es grüßt Euch herzlich

Martina Pauly

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