„Kirche multikulturell“ – mein neues Buch ist soeben erschienen

Hier gibt's einen Einblick in das Vorwort meines Buches "Kirche multikulturell - Perspektivwechsel und Impulse aus dem transkulturellen Coaching", das im März 2025 erschienen ist.
Umschlag meines neuen Buches

Die obige Grafik verrät einen Teil des Umschlags und der Grafiken im Buch. Lasst Euch überraschen!

Multikulturelle Kirche – das klingt in den Ohren vieler wie eine Selbstverständlichkeit. Die evangelische Kirche, d.h. die 20 Landeskirchen und ihr EKD-Dachverband, um die es in diesem Buch geht, engagiert sich heute für vielfältige Themen. Sie tritt für soziale Gerechtigkeit, politische Partizipation und sozioöko- nomische Chancengleichheit ein. Über das beschriebene Engagement hinaus bemüht sich die Kirche zwar um kulturelle Vielfalt auch in den eigenen Reihen, aber mit unterschiedlichem Erfolg. Bislang gibt es keinen einheitlichen Ansatz dafür, wie Christinnen und Christen mit internationalem Hintergrund kirchenweit bis in die höchsten Leitungsgremien der Landeskirchen und des Dachverbands befördert werden. Das vorliegende Buch stellt erstmals ein Konzept vor, wie dieser Wandel mit Hilfe einer reflexiven Coaching-Begleitung gelingen kann.

Gegenwärtig wird in einigen evangelischen Landeskirchen die interkulturelle Entwicklung vorangetrieben, mit dem Ziel, die kulturelle Diversität im Rahmen einer ‚multikulturellen Kirche‘ zu erreichen. Zu diesem Zweck haben zahlreiche Landeskirchen spezielle Planstellen eingerichtet, die überwiegend im Bereich der Ökumene angesiedelt sind. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die Initiativen der Evangelischen Kirche von Westfalen mit ihrem Oikos-Institut und der Nordkirche mit ihrem Ökumenewerk. Diese Institute stellen den jeweiligen Landeskirchen umfangreiche Ressourcen zur Verfügung, die die multikulturelle Anschlussfähigkeit kirchlicher Programme und Strukturen fördern sollen.

Die Gründe für eine multikulturelle Kirchenentwicklung sind dabei unter Umständen unterschiedlich. Die sogenannte ‚interkulturelle Öffnung‘ der Kirchen auf Gemeindebasis hat sich mit zunehmender Migration nach Deutschland – und hier vor allem mit der Ankunft von Millionen geflüchteter Menschen seit 2015 – als Notwendigkeit erwiesen. Die Suche nach Sicherheit, Schutz und Arbeit ist für viele Menschen aus Ländern wie Syrien, dem Iran, Ägypten oder Ghana der Grund, nach Deutschland zu migrieren. Damit verbunden ist auch der Wunsch nach einer soziokulturellen und geistlichen Heimat in der jeweiligen Muttersprache. Verfolgte Christen aus arabischen Ländern, Familien aus afrikanischen, asiatischen und europäischen Ländern mit protestantischem Hintergrund sowie Menschen, die das Christentum gerade erst für sich entdeckt haben – sie alle kommen in die Ortsgemeinden der Landeskirchen.

Gleichzeitig konnte die große Hilfsbereitschaft für Geflüchtete die anhaltende negative Mitgliederentwicklung der evangelischen Landeskirchen nicht aufhalten. Dennoch gibt es zahlreiche Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen, die sich in die Ortsgemeinden einbringen wollen. Für sie werden Gottesdienste in Farsi und Arabisch abgehalten. In Einzelfällen sind hier auch Pfarrer aus den Herkunftsländern, wie zum Beispiel aus Ägypten, tätig. Gemeinsam mit den Ortsgemeinden feiern die christlichen Neumitglieder internationale Feste mit den Liedern und Speisen, die sie aus ihren Heimat- ländern mitbringen. So kommt es zur Bildung neuer internationaler Gemeinden. Diese Gruppen zeichnen sich teilweise durch eine hohe Heterogenität in Bezug auf Herkunft, Frömmigkeit und Theologie aus, was für viele Mitglieder jedoch von untergeordneter Bedeutung zu sein scheint, da die Gemeinschaft im Vordergrund steht.

Daneben sind eigenständige und eher homogene protestantische Gemeinschaften afrikanischer, asiatischer und europäischer Herkunft entstanden, beispielsweise mit Mitgliedern aus Ghana, Vietnam, Südkorea, den Philippinen und Italien. Diese internationalen Gemeinden – vormals als ‚Migrationsgemeinden‘ oder ‚Gemeinden anderer Sprache und Herkunft‘ bezeichnet – setzen sich nicht ausschließlich aus geflüchteten Personen zusammen. Zu ihnen gehören auch die vielen internationalen Fachkräfte, die für einen Job nach Deutschland gekommen sind, oder Menschen mit Einwanderungsgeschichte der zweiten oder dritten Generation. Die Mitgliedschaftsverhältnisse sind unterschiedlich. Einige Mitglieder pflegen eine Doppelmitgliedschaft mit der landeskirchlichen Ortsgemeinschaft, während andere Mitglieder eher unter sich bleiben. Die Gottesdienste vieler internationaler Gemeinden werden zumeist in der jeweiligen Landessprache und mit der kulturell eigenen Liturgie gefeiert, meist in angemieteten Räumen, wenn den Gemeinden der Zugang zur Kirche der Ortsgemeinde verwehrt ist.

Ein weiterer interkultureller Lernort sind die internationalen kirchlichen Partnerschaften, die vielfach schon seit Jahrzehnten mit Gemeinden im Globalen Süden gepflegt werden. Häufig sind diese Beziehungen dem Gedanken der Entwicklungshilfe entsprungen. In der Praxis zeigen sich in diesen Partnerschaften deshalb oftmals noch überholte patriarchalische Verhaltensweisen und ein entsprechendes Nord-Süd-Machtgefälle. Partnerschaftsbeteiligte, die sich dieser postkolonialen Denk- und Verhaltensweisen bewusst sind, sind heute vielfach bemüht, ihre freundschaftlichen Beziehungen auf einer Ebene stattfinden zu lassen, die die einseitige finanzielle Unterstützung nicht in den Mittelpunkt ihrer Partnerschaft stellt.

Eine bisher wenig beachtete Gruppe innerhalb der Landeskirchen sind Christinnen und Christen mit Migrationshintergrund der zweiten und dritten Generation. Diese Menschen werden von der weißen  Mehrheitsgesellschaft als nicht-weiß wahrgenommen. Obwohl sie in Deutschland geboren und zur Schule gegangen sind, werden sie in der evangelischen Kirche meist als Fremde wahrgenommen. In der von Weißen dominierten evangelischen Kirche erleben sie unter Umständen offene oder subtile Diskriminierungen.

Es ist paradox, dass die Gruppe der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in der evangelischen Kirche immer noch einen Minderheitenstatus hat, obwohl sie in der deutschen Gesellschaft zahlenmäßig stark wächst. Dies wird deutlich, wenn die demografischen Statistiken, auf die im Folgenden näher eingegangen wird, der Besetzung von Leitungspositionen in Landeskirchen, Kirchenkreisen, Gemeinden, Akademien, Diakonischen Werken und anderen kirchlichen Einrichtungen gegenübergestellt werden. Menschen aus dem Globalen Süden sind hier eher in Ausnahmefällen zu finden.

Angesichts der vorstehend beschriebenen heterogenen Entwicklung des evangelischen Lebens und des gleichzeitig unaufhaltsamen Mitgliederschwunds im traditionellen Kirchenmilieu, wird die Umwandlung kirchlicher Strukturen durch die stärkere Einbindung von Menschen mit internationalem Hintergrund nicht mehr zur Option, sondern zur Überlebensfrage.

Die vorliegende Publikation skizziert Leitplanken für eine grundlegende multikulturelle Transformation von beispielsweise Ortsgemeinden oder kirchlichen Werken. Sie stecken den Weg hin zur einer gleichberechtigten Zusammenarbeit zwischen allen Mitarbeitenden bzw. Mitgliedern, egal welcher Hautfarbe und Herkunft, ab. Die Leitplanken werden mit Hilfe von reflektiven Coaching-Fragen aufgestellt, die zum Perspektivwechsel anregen.

Auf der Grundlage persönlicher Erfahrungen aus einer internationalen ökumenischen Organisation wird darüber hinaus ein Transformationsansatz auf drei Ebenen vorgestellt: das Bewusstsein für Ungleichheiten, die transkulturelle Zusammenarbeit und die strukturelle Verstetigung von Gleichberechtigung.

Die Erfahrung zeigt, dass dieser umfassende und herausfordernde Transformationsprozess durch ein begleitendes kultursensibles Kirchen-Coaching erleichtert werden kann. Eine Übersicht über Coaching-Anlässe und -Impulse findet sich im Kapitel „Transkulturelle Coaching-Praxis“.

Der hier beschriebene Prozess bezieht sich auf die christliche Religionsgemeinschaft, die ihr Vertrauen aus dem gemeinsamen Glauben und den gemeinsamen Werten bezieht. Diese bilden ein stabiles Fundament für eine transkulturelle Zusammenarbeit, die hier möglicherweise sogar besser gedeihen kann als im säkularen Bereich.

Aufgrund der vielfältigen Ausprägungen des kirchlichen Lebens in Deutschland kommen standardisierte Lösungsansätze nicht in Frage. Die Erfahrung des Coaches mit multikulturellen Kirchenkontexten ist deshalb von großer Bedeutung.

Für die Initiierung einer Transformation, die auf eine kirchliche Institution bzw. Organisation mit einer hohen kulturellen Vielfalt und einer transkulturellen DNA abzielt, gibt dieses Buch die notwendigen ersten Perspektivwechsel und Impulse.

Mein Buch „Kirche multikulturell – Perspektiven und Impulse aus dem transkulturellen Coaching“ ist hier für 18,90 Euro zu erwerben.

Alle Gute wünscht Euch

Martina Pauly

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