Nachstehend einige beispielhafte Übungen zur Reflexion des eigenen Verhaltens und zum Abbau von Vorurteilen:
Gegenseitige Vorstellung – wer sind „wir“?
Schon bei der Vorstellung und in der persönlichen Unterhaltung können kulturelle Gemeinsamkeiten erkannt werden. Ein intensiver Austausch in Kleingruppen kann dabei helfen, Unsicherheiten und Fremdheitsgefühle abzubauen. Denn: Interkulturelle Begegnungen führen zu interkulturellen Erfahrungen und interkulturelle Erfahrungen sind wertvoller als vorgefertigte Meinungen, die Vorurteile begünstigen können.
Auch die Thematisierung der Namensherkunft kann interessante Geschichten aufdecken. Viele „Deutsche“ beispielsweise haben Namenswurzeln außerhalb des deutschen Herkunftslandes. Sie belegen die Migrationsgeschichte ihrer Eltern bzw. Groß- oder Urgroßeltern. Hier stellt sich die interessante Frage, was und wer ist eigentlich „deutsch“?
Kulturelle Verschiedenheit verstehen und akzeptieren
Dem Thema „kulturelle Verschiedenheit“ können sich die Workshop-Teilnehmenden annähern, indem erkannt wird, dass jede/r Teilnehmende selbst gleichzeitig mehreren Gruppen angehört. Damit befindet man sich manchmal in der Mehrheit und manchmal in der Minderheit. Mit anderen Worten jede/r einzelne nimmt je nach Situation und Rolle verschiedene Identitäten an. Menschen in unterschiedlichen sozialen Settings verhalten sich entsprechend unterschiedlich.
Die Sensibilisierung für unsichtbare Regeln und kulturelle Gebräuche ist ein wichtiger Aspekt der interkulturellen Kommunikation. Kultur basiert auf Werten, die oftmals nicht immer unmittelbar erkennbar sind. Ähnlich einem Eisberg ist nur die Spitze an der Oberfläche sichtbar. Der größere Teil des Eisbergs bleibt dem Fremden verborgen. Oftmals dauert es Jahre, bis man in die kulturellen Tiefen eingetaucht ist. Die Situation, als Fremder in eine neue Kultur zu kommen, kann beispielsweise durch den Wechsel in andere Kleingruppen mit unterschiedlichen Regeln simuliert werden.
Mit dieser Übung können die Teilnehmenden die Auswirkungen des Aufeinandertreffens zweier Kulturen auch selbst erfahren. Sie erkennen, dass Verhaltensweisen oder Abläufe oftmals voreilig und nur aus der eigenen Perspektive interpretiert werden, ohne die kulturellen Unterschiede und vorhandenen Umstände des anderen zu kennen oder zu verstehen.
Das Ziel dieser Übung ist es, sich in Personen aus anderen Kulturen hineinzuversetzen. Bei dieser Übung spielt nicht nur die regionale Herkunft eine Rolle, sondern auch Unterschiede hinsichtlich Religion, Alter, Geschlecht und Hautfarbe sind beim Perspektivenwechsel zu berücksichtigten.
Stereotypisierung und voreilige Bewertungen vermeiden
Vorsicht! Oftmals werden Dinge, Personen und Situationen vorschnell bewertet, ohne die Hintergründe zu kennen. Sind die Hintergründe einmal bekannt, erscheinen Dinge, Personen und Situation dann meist in einem ganz anderen Licht. Stereotype helfen zwar dabei, Kategorien zu bilden und Personengruppen oder Sachverhalte schnell einzuordnen. Die Teilnehmenden sollen aber erkennen, dass die Stereotypisierung häufig zu falschen Verallgemeinerungen und Vorurteilen führt.
Ein Beispiel aus Deutschland: Schwarze Menschen oder Menschen, die südländisch aussehen, sind nicht immer ausländisch. Denkt bitte daran, dass diese Menschen in Deutschland geboren sein können, Deutsche sind und dass deren Muttersprache Deutsch ist. Ich empfehle deshalb, Menschen in Deutschland grundsätzlich in deutscher Sprache anzusprechen. Sie werden Euch schon sagen, ob sie Euch verstehen oder nicht. Warum das so wichtig ist? Den Menschen, die in diesem Land geboren und aufgewachsen sind, wird durch eine derartige vorschnelle Kategorisierung als „Ausländer“ signalisiert, dass sie im Grunde genommen nicht zu diesem Land gehören und damit einen Gaststatus besitzen. Dies ist eine beabsichtigte oder unbeabsichtigte Ausgrenzung, die für die Betroffenen als diskriminierend empfunden werden kann.
Wichtig ist also, die eigenen Werte, Verhaltensweisen und Konventionen zu reflektieren und so zu erkennen, wie diese auf das Gegenüber wirken. Manchmal bestätigen wir Stereotypen durch alte, überkommene Verhaltensweisen und Denkmuster wie das obige Beispiel zeigt. Durch bewusstes Reflektieren des eigenen Verhaltens wird auch das künftige Verhalten beeinflusst.
Und letztlich sollte uns klar sein, dass es kein verlässliches kulturspezifisches Musterwissen gibt und dass Kommunikation in erster Linie von der jeweiligen Situation abhängig ist. Neben den kulturellen Prägungen wie Sprache, Gesten und Symbolen ist die Wahrnehmung auch abhängig von individuellen Erfahrungen und persönlichen Eigenschaften. Unsere Bewertungen, Werte und Grundannahmen sollten wir kultursensibel reflektieren, um Vorurteile zu vermeiden und „Fremdes“ besser einzuordnen.
Persepktivwechsel!
Seid Ihr schon mal als Deutsche/r im Ausland mit Vorurteilen konfrontiert worden? Wie hat sich das angefühlt? Was hättet Ihr Euch in dieser Situation von Eurem Gegenüber gewünscht? Führte diese Erfahrung bei Euch zu einer Verhaltensänderung?
Schreibt mir Eure Erfahrungen dazu!
Mit lieben Grüßen
Eure
Martina Pauly