Die Kommunikation zwischen Menschen, die in verschiedenen Kulturen leben, kann unter Umständen dann fehlschlagen, wenn auf beiden Seiten vorab bestimmte Erwartungen an die Kommunikation geknüpft sind, die dann nicht erfüllt werden. Hinzu kommen unterschiedliche Kommunikationsgewohnheiten, die oftmals kulturell bedingt sind und Unterschiede in der Sprache.
Ich möchte an dieser Stelle weder kulturelle Stereotype reproduzieren noch Verallgemeinerungen verbreiten. Es geht auch nicht darum, ob eine Kommunikationsform gut oder schlecht ist, es geht schlichtweg darum, ob sie funktioniert. Die nachfolgenden Aussagen beruhen auf Beobachtungen, die mir in meiner interkulturellen Zusammenarbeit aufgefallen sind.
Die deutsche Kommunikation liebt ZDF
Ein Merkmal der deutschen Sprache ist zum Beispiel, dass sie sehr konkret und präzise ist. Deutsche lieben meistens Zahlen, Daten und Fakten (ZDF) und damit eine eher sachliche und nüchterne Kommunikation. Zudem will die deutsche Seite in den Begegnungen meistens sehr schnell zum Kern des Gespräches kommen. Smalltalk, der Austausch von Freundlichkeiten oder Essenseinladungen zu Beginn von Verhandlungen und Gesprächen empfinden Deutsche oftmals als unnötig und zeitraubend. „Sie haben 10 Minuten Zeit, um mir Ihr Anliegen zu schildern.“ – Solche Sätze hört man in der Kommunikation mit deutschen viel beschäftigten Entscheidungsträgern nicht selten. In anderen Kulturen benötigt man diese 10 Minuten allein für eine freundliche Begrüßung: Man erkundigt sich zunächst nach dem Wohlbefinden des Gastes oder Gastgebers, nach dem Wohlbefinden der Familie, man tauscht Freundlichkeiten und vielleicht sogar Geschenke aus… – alles andere wird als unhöflich empfunden. Größer könnte der kulturelle Unterschied in der Kommunikation kaum sein.
Diese Direktheit in der deutschen Kommunikation wird von ausländischen Partnern schon mal als unfreundlich, unempathisch und aggressiv empfunden. Zudem wird die Aussprache und der Klang der deutschen Sprache hart, kalt, trocken, scharf und kompliziert wahrgenommen.
Daraus wird nicht selten eine gewisse Herzlosigkeit und fehlende menschliche Wärme mit Blick auf die deutsche Seite abgeleitet. Es verwundert deshalb nicht, dass diese sprachlichen Kommunikationsunterschiede zu Missverständnissen und Konflikten führen können, wenn sich beide Seiten nicht darüber im Klaren sind, dass es hier grundsätzliche Unterschiede und daraus abgeleitete Fehleinschätzungen gibt. Eine Erkenntnis, die sich gut in einem Coaching-Prozess aufdecken lässt.
Bildersprache
In Ruanda oder im Kongo beispielsweise verwendet man in der französisch geprägten Alltagskommunikation oftmals Metaphern. Man beschreibt offensichtliche Missstände gerne mit einem humorvollen Augenzwinkern. Im kongolesischen Bukavu holte mich einmal ein Pfarrer mit seinem Auto von dem kirchlichen Gästehaus ab. Bevor ich einstieg, meinte er zu mir: „Wir werden jetzt ein wenig im Auto tanzen.“ Er wollte mich damit auf die schlechten Straßenverhältnisse mit vielen großen Schlaglöchern vorbereiten, die kein sanftes Fahren zuließen. Also „tanzten“ wir im Auto, indem wir auf unseren Sitzen von rechts nach links durchgeschüttelt wurden.
Ähnliches ist übrigens in journalistischen Texten von Kolleginnen und Kollegen aus den genannten Ländern zu beobachten. Sie enthalten vielfach blumige Umschreibungen, die sich kaum 1:1 ins Deutsche übersetzen lassen, da sie für die deutsche Leserschaft sofort als fremdartig wahrgenommen würden. In diesen Fällen kann eine kulturelle Anpassung bei der Textübersetzung notwendig werden.
Eine weitere Beobachtung ist, dass in asiatischen Ländern Probleme unter Umständen nicht immer direkt an- oder ausgesprochen werden – manchmal aufgrund von Tabus oder um sein Gesicht nicht zu verlieren oder aus ganz anderen Gründen. Hier ist ein wenig kultursensible Erfahrung notwendig, um die Kommunikation richtig einzuschätzen. Die Antwort „vielleicht“ auf eine Frage ist hier auch schon mal als klares „Nein“ zu verstehen. Diese Art der Kommunikation kann auf deutscher Seite für Verunsicherung sorgen, die wiederum mit den Partnern im Süden nicht oder zumindest nicht unmittelbar offen thematisiert wird.
Perspektivwechsel!
Empfindet Ihr den Klang bestimmter Sprachen, z.B. Französisch, Italienisch oder Englisch als sympathisch oder nicht sympathisch? Wirkt eine Person sympathischer, wenn sie eine sympathische Sprache spricht? Welche Kommunikationsprobleme habt Ihr vielleicht im Ausland schon mal erlebt? Wie habt Ihr diese Probleme gelöst?
Missverständnisse in der E-Mail-Kommunikation
Eine Kollegin aus dem globalen Süden erzählte mir einmal, dass die E-Mail-Kommunikation mit deutschen Kollegen bei ihr schon mal zu großer Unsicherheit geführt habe. Der harsche Ton und das Fehlen von Freundlichkeiten in den englischsprachigen Nachrichten empfinde sie als unhöflich und unempathisch. Dies führe dazu, dass sie aus den Nachrichten einen negativen Subtext herauslese und daraus eine bestimmte Missstimmung interpretiere. Aus ihrer kommunikativen Unsicherheit heraus greift sie dann zum Telefonhörer, um mit der Kollegin und dem Kollegen direkt zu sprechen. Und zu ihrer Überraschung würde am anderen Ende der Leitung dann eine freundliche Stimme aus Deutschland zu ihr sprechen. Es sei bemerkenswert, dass die geschriebenen E-Mail-Nachrichten so viel negativer bei ihr ankämen als das direkte persönliche Gespräch. Letzteres würde bei ihr dann wieder zu einer besseren Stimmung führen.
Mit einem direkten Gespräch über Telefon oder Facetime lassen sich demnach kommunikative Verunsicherungen über Kontinente hinweg leichter umgehen, weil allein anhand der Stimme eingeschätzt werden kann, wie die Kommunikation gemeint ist.
Diese und weitere kommunikativen Stolperfallen lassen sich in einem transkulturellen Coaching bearbeiten und aus dem Weg räumen.
Schreibt mir, wenn Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt.
Es grüßt Euch herzlich
Martina Pauly